Forschungsprojekt

Seit Jahrhunderten folgen Deutschschweizer der Faszination des Südens: Von den mittelalterlichen Pilgerströmen über die Grand tour vermögender Gesellschaftsschichten und die Bildungsreisenden in der Nachfolge Goethes bis hin zum aufblühenden Massentourismus der Nachkriegszeit, der bis in die jüngste Gegenwart anhält, ist das Interesse am südlichen Nachbarn ungebrochen. Anhand dieser Italienerfahrungen, die sich in diversen Gattungen schriftlich niedergeschlagen haben, lassen sich mentalitätsgeschichtlich die Spuren der Beziehungen zu unserem südlichen Nachbarn in all ihrer Wechselhaftigkeit nachzeichnen. Das Projekt Blick nach Süden hat es sich zum Ziel gesetzt, diese Spuren offenzulegen.

Welches sind die besonderen Italienerfahrungen in der deutschsprachigen Literatur der Schweiz im Vergleich mit der von der Goethezeit dominierten deutschen Italienliteratur?

Neben den klassischen Motiven für Italienreisen von Schweizer Autorinnen und Autoren widmet sich das Projekt Blick nach Süden dem Spannungsverhältnis zwischen dem idealisierten Italienbild der Goethezeit ‒ Land der Kultur, der Natur, der Selbstsuche, der Verlockungen – und der Entstehung neuer, trivialerer, aber auch komplexerer Italienbilder seit der Vereinigung Italiens 1861 – Sonne, Meer, Essen auf der einen, Armut, Migration, politische Kultur der Arbeiter und der Intellektuellen auf der anderen Seite.

Zeichnung von Gunter Böhmer. Nachlass Hans Walter, Schweizerisches Literaturarchiv Bern.

Das Forschungsprojekt Blick nach Süden untersucht, wie die besonderen interkulturellen Verhältnisse zwischen der Schweiz und Italien in der deutschsprachigen Literatur der Schweiz perspektivisch thematisiert und reflektiert werden: Blick der Schweizer Autorinnen und Autoren auf Italien und zurück auf die Schweiz, Blick der aus Italien Immigrierten mit unterschiedlichem Integrationsgrad und wechselndem Standort auf Italien und auf die Schweiz.

Die im Projekt Blick nach Süden Forschungsbeiträge, Originaltexte, Text-, Bild‑ und Tondokumente, spezifischen Bio‑ und Bibliographien liefern Bausteine zu einer Mentalitätsgeschichte der Deutschschweizer Beziehungen zu ihrem südlichen Nachbarn.

Blick nach Süden ist ein gemeinsames Projekt des Schweizerischen Literaturarchivs (SLA) in Bern und des Deutschen Seminars der Universität Basel. Ein internationales Netzwerk mit Spezialisten aus der Schweiz, Deutschland und Italien wurde aufgebaut. Die Publikation präsentiert die Ergebnisse eine über mehrere Jahre fortgesetzte Zusammenarbeit.

Das Projekt wurde unterstützt durch den Hans-Walter-Fonds  der Familien Kurmann-Walter. Ihnen sei an dieser Stelle herzlich gedankt.

Projektbeschreibung
Tagungen, Workshops, Veranstaltungen